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Creator (Definite): Hugo MünsterbergDate: 1900
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Cited by T. Quick, 'Disciplining Physiological Psychology: Cinematographs as Epistemic Devices, 1897-1922', Science in Context 30 (4), pp. 423-474.
Description:'In his vision studies, McDougall deployed this physiological schema to account for a set of illusion-generating experiments that he encountered amongst Münsterberg’s laboratory equipment. The most significant of these for McDougall concerned the phenomena of variations in spatial attention as it related to vision. Following Hering, Münsterberg had proposed that the alternation of attention between different sense-organs could be explained in terms of a pair of generally-acting antagonistic forces within the body: the motor functions of the eyes, for example, strained against one another to apprehend their surroundings (Munsterberg 1900, 532-537).'
Relevant passage from Münsterberg:
'Die Physiologie vermittelt uns aber auch die weitere Erkenntnis, daß die Hirnrinde nicht etwa direkt ihren Impuls zum peripheren Muskel sendet, sondern zunächst auf subkortikale Centren einwirkt, die ihrerseits wieder den Impuls vielleicht zu medullären Ganglien hinabschicken mögen. Man hat diese Über- und Unterordnung der motorischen Centren zuweilen mit einer Hierarchie oder einer Heeres-organisation verglichen, aber der Vergleich führt in die Irre. Solche Vergleiche würden auf ein Verhältnis hinweisen, bei dem die untergeordneten Schichten die größte Zahl der Elemente aufweisen und jede höhere Schicht weniger und weniger bis hinauf zu einer einheitlichen Centralstelle. Für unseren psychomotorischen Apparat gilt das Umgekehrte. Gerade die oberste beherrschende Schicht ist die breiteste und gliederreichste, und die Serie von untergeordneten Systemen verengert sich stetig. Die Situation ist das genaue Gegenstück zum sensorischen Vorgang. Ein vereinzelter Schall- oder Licht- oder Tasteindruck erregt das sensorische System derart, daß die Erregung zur Hirnrinde hin fortdauernd anschwillt und dort mit den erweckten Associationen Hunderttausende von Elementen im Cortex funktionieren läßt; solche Hunderttausende von Rindenelementen arbeiten dann wieder zusammen, um centrifugal die Erregung einem kleineren untergeordneten Kreise mitzuteilen, und diese koncentrieren die Erregung so, daß der schließliche Anstoß vielleicht nur ein paar Gunglien im Vorderhorn des Rückenmarks trifft. Die Rinde des Großhirns ist also gewissermaßen die Basis und die periphere Sinneszelle oder die medulläre Bewegungszelle die Spitze eines Kegels von Leitungsbahnen; in dem sensorischen Kegel pflanzt sich die Erregung von der Spitze zur Basis, im einzelnen motorischen Akt von der Basis zur Spitze fort Meist wird auch die Spitze selbst abgeflacht sein und eine gewisse Breite haben: Hunderte von Lichtreizen mögen uns gleichzeitig treffen, und Hunderte von Bewegungsanstößen mögen gleichzeitig resultieren, aber der Grund-typus bleibt derselbe. Die übergeordnete Hirnrinde bleibt stets die umfassendste Mannigfaltigkeit im gesamten System und die immer wieder sich hineinmischende Vorstellung, als wenn auch im Physiologischen Überordnung notwendig zugleich Vereinfachung meine, ist endgültig aufzugeben: die Hierarchiegleichnisse sind Überlebsel einer unhaltbaren Seelentheorie.
Das motorische System ist also kein Armeekorps mit einem einzigen General an der Spitze; es hat viel mehr Generäle ab Gemeine, aber die Anordnung in übergeordnete und untergeordnete Funktionssysteme muß unbedingt festgehalten werden. Die Großhirnrinde, in der allein die psychophysischen Erregungen ablaufen, muß auf subkortikale Centren einwirken, um Bewegungsanstöße auszulösen. Hier findet nun die Aktionstheorie ihre weiteren Anhaltspunkte. Um es zunächst in die Form eines einfachen Schemas zu bringen, können wir sagen, daß in jenen subkortikalen Centren die ganze Mannigfaltigkeit ein sehr einfaches Ordnungsprinzip überall aufweist, nämlieh daß jedes motorische Centrum zunäclist zu einem antagonistischen Centrum in Beziehung steht Wir kennen keinen centralen Bewegungsanstofi, dem nicht ein entgegengerichteter entspräche: ihren typischsten Ausdruck findet diese Erscheinung in dem Verhältnis der Beuger und Strecker, aus deren Zusammenwirken die meisten unserer Handlungen hervorgehen. Aber auch da, wo es sich nicht um Streckung und Beugung handelt, sondern etwa um Drehung des Augapfels, um Erweiterung und Verengerung der Mund- oder Augenöffnung, um Ein- und Ausathmung, um das Spiel der Gesichtsmuskulatur, überall läßt sich leicht die gleiche Gegensätzlichkeit der motorischen Impulse verfolgen, überall ist die paarweise Anordnung der Centren eine notwendige Voraussetzung.
Die Aktionstheorie nimmt nun an, daß dieser unleugbare Gegensatz der motorischen Funktionen die eigentliche Grundlage für alle fördernden und hemmenden, bahnenden und versperrenden, kurz alle antagonistischen Funktionen des Nervensystems ist und somit auch alles Verstärken und Unterdrücken, Auswählen und Beseitigen der psychophysischen Vorgänge auf diesem Gegensatz der Handlungen beruht. Es giebt keinen psychophysischen Vorgang, der als solcher einem anderen psychophysischen Vorgang entgegengesetzt ist, es giebt keine zwei Vorstellungen, die als psychische Gebilde einander anschließen, es giebt keine zwei Empfindungen, in deren Wesen es liegt, daß sie nicht zusammen im Bewußtsein vorkommen können. Deshalb allein war es so vollkommen hoffnungslos, das Spiel des wechselseitigen Förderns und Hemmens aus dem Verhältnis der sensorischen Prozesse selbst abzuleiten. Wir vermochten da wohl den Vorgang der Funktionsaufhebung durch Anämie oder durch Interferenz oder durch Einziehung der Fortsätze in der sansorischen Zelle zu beschreiben, aber einen Grund zu finden, warum die eine Zelle die andere und gerade diese eine andere zum Stillstand zwang, das mußte allezeit aussichtslos bleiben. Es giebt nur einen Gegensatz, der mit dem Anspruch mechanischer Notwendigkeit auftritt: wir können nicht eine Handlung und gleich- zeitig die antagonistische ausführen, wir können nicht nach rechts und gleichzeitig nach links gehen, wir können nicht die Augen heben und gleichzeitig senken, wir können nicht einatmen und gleichzeitig ausatmen, wir können nicht die Hand ausstrecken und gleichzeitig zurückziehen, kurz eine Handlung allein bewegt sich in Gegensätzen, eine Vorstellung niemals; eine Aktion allein kann niemals gesetzt sein, ohne daß damit eine entgegengerichtete Bewegung ausgeschlossen wird, während eine psychophysische Erregung an sich mit jeder anderen psychophysischen Erregung vereinbar wäre und in ihrer Konstitution kein physiologischer Grund auffindbar ist, der die Unterdrückung einer koordinierten sensorischen Erregung notwendig macheu könnte. Es wiederholt sich da im Physiologischen, was wir früher im subjektiven Erlebnis der geistigen Wirklichkeit fanden; im wirklichen Geistesleben giebt es auch keinen Gegensatz der Objekte, sondern nur einen Gegensatz der Willensrichtung; Wille meint Gegensatz. Der logische Gegensatz der Begriffe war daher nicht eine Funktion der Begriffe als Objekte, sondern resultierte aus der subjektiven Stellungnahme: wir können nicht den einen wollen, ohne den anderen nicht zu wollen. Wir haben es hier jetzt im letzten Grunde mit derselben Thatsache nur in objektivierter Form zu thun; der Akt der unmittelbaren Wirklichkeit ist hier ins Psychophysische projiziert Wir müssen klar erkennen, V I daß alle sensorischen Erregungen des Gehirns als solche friedlich nebeneinander bestehen könnten; nur die Handlungen, die ihnen entsprechen, lassen sich niemals zusammen ausführen. So wie es die inneren Beziehungen des Willens sind, die Verknüpfung und Trennung in die logischen, ethischen und ästhetischen Inhalte des Geistes bringen, so sind es die physiologischen Beziehungen der subkortikalen motorischen Centren, die Verstärkungen und Hemmungen, und alle apperceptiven Funktionen in das System der psychophysischen Rindenprozesse tragen.
Schon im Anfange des Jahrhunderts hatte Charles Bell deutlich erkannt, daß eine nervöse Verbindung zwischen den antagonistischen Muskeln so vermitteln müsse, daß immer der eine erschlafft, wenn sich der andere zusammenzieht. Er fügt schon ausdrücklich hinzu, daß diese Verbindung nicht nur für die Muskeln gelten müsse, die am selben Gliede vereinigt sind, sondern auch für solche, die wie die Atemmuskeln weit voneinander getrennt liegen. Erst eine spätere Zeit hat das Problem experimentell aufgenommen und durch sinnreiche Versuche die Existenz dessen nachgewiesen, was Sherrington "reciprocal innervation" nennt. Von einer klaren Einsicht in die Einzelheiten des Vorganges sind wir ja auch heute noch weit entfernt, und die Psychologie darf sich keinenfalls erlauben, der Physiologie hier vorzugreifen, da die beiden irgendwie verbundenen Prozesse in den subkortikalen Regionen offenbar rein physiologische sind. Nun mag es noch völlig dunkel sein, wie es kommt, daß die
Erregung eines Beugecentroms hemmend auf das korrespondierende Streckcentrum einwirkt, aber das ist klar, daß sich hier nicht etwa dieselben Schwierigkeiten wiederholen, denen wir bei der Betrachtung der Rindenprozesse begegneten. Als wir die Rinden-hemmungen untersuchten, war unsere Schwierigkeit nicht die, daß wir den Hemmungsmechanismus nicht kannten; im Gegenteil, die verschiedensten brauchbaren Vorschläge standen uns zur Verfügung. Die wahre Schwierigkeit war, zu verstehen, warum eine Rindenzelle auf tausend andere bald erregend, bald hemmend einwirkt. Davon ist nun hier bei den subkortikalen motorischen Centren gar nicht die Rede; hier können wir einen unveränderlichen anatomisch prästabilierten Zusammenhang voraussetzen, der immer nur eine kleine Zellenkolonie mit einer einzigen anderen verbindet Wie dieses Postulat der wechselseitigen Verbindung physiologisch erftdlt wird, ist dann für unsere Zwecke ganz gleichgültig.
Wir haben nunmehr also zwei Thesen vor uns, eine psychophysische und eine physiologische. Die psychophysische sagt daß die Lebhaftigkeit der Empfindung davon abhängt, ob die sensorische Erregung in der Rinde die kortikofugalen Entladungsbahnen mehr oder weniger offen findet; bei günstiger Entladungsdisposition sollte die Empfindung das Maximum der Eindringlichkeit erreichen, bei versperrter Entladungsbahn sollte die Empfindung gehemmt sein. Die physiologische Thesis dagegen sagt, daß die Erregung eines subkortikalen motorischen Centrums zugleich eine Hemmung im antagonistischen Centrum hervorruft. Was haben wir nun aber unter solcher physiologischen Hemmung eines motorischen Centrums zu verstehen? Offenbar bedeutet sie nur, daß die von übergeordneten Neuronen dem Centrum zufließenden Erregungen jetzt nicht mehr wirksam sind, das gehemmte Centrum also der von der übergeordneten Rinde ausgehenden Entladung jetzt Widerstand entgegensetzt Damit haben aber die beiden Thesen sich so vollständig einander genähert, daß sie sich ergänzen und wechselseitig durchdringen; ihre Einheit ist der Grundgedanke der Aktionstheorie. Empfindungen, so werden wir jetzt sagen, sind lebhaft und eindringlich, wenn die Entladungsbahn der sensorischen Erregung in dem subkortikalen motorischen Centrum, zu dem sie führt, keinen Widerstand findet Die Empfindung andererseits ist gehemmt, wenn die Entladungsbahn der sensorischen Erregung zu einem subkortikalen motorischen Centrum führt, welches wegen der gleichzeitig ablaufenden Erregung des antagonistischen Centrums selber gehemmt ist und so der Entladung Widerstand entgegensetzt Das gesamte Spiel der Verstärkungen und Hemmungen in den Millionen der psychophysischen Elemente ist so bedingt durch die reciproken Hemmungswirkungen der antagonistischen reinphysiologischen Bewegungscentren unterhalb der Rinde.' (532-537)